Römischer Ritus

        


 

„An alle in Rom, die von Gott geliebt sind, die berufenen Heiligen:

Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus.“

(Röm 1,7 EU)

 

RÜCKBLICK:

 

Der römische Ritus entstand in Rom, und wurde ursprünglich nur in Rom und im nahen Umland (Latium) gefeiert. Er hob sich zum Teil in folgenden Punkten von anderen Ritenkreisen ab:

 

- Konservatismus

- Latein als Kultsprache

- juristisch kurz formulierte Gebete

- Gebete ausschließlich an Gottvater gerichtet

- häufige Verwendung des Wortes „Opfer“

- häufig Verwendung von Synonymen für den Hl. Geist  

      (z. B. "Segen des Himmels")

- häufige Verwendung sinnverwandter Ausdrücke

- schlichte Riten

- fast keine außerbiblischen Hymnen

- das Kreuz als zentrales Kultbild

- Quatembertage

- usw.

 

Die Gottesdienstbücher Roms wurden unter den Karolingern im 8. Jahrhundert nach Franken (Aachener Kaiserpfalz) gebracht. Hier wurde die stadtrömische Gottesdienstform übernommen und mit eigenen (fränkisch-germanischen) Elementen verschmolzen.

Unter der Herrschaft der Ottonen ist diese römisch-fränkische Liturgie im 10. Jahrhundert vom Rhein (Mainz) an den Tiber gebracht worden, wo sie von den Päpsten übernommen wurde.

Diese römisch-fränkische Liturgie verdrängte mit der Zeit im ganzen Abendland die meisten anderen Riten, und wurde schlußendlich zum Ritus aller römisch-katholischen Christen weltweit!   

 

Im Laufe der Zeit kamen im römischen Ritus weitere Eigenheiten hinzu:

 

- Zeitliche Trennung von Taufe, Firmung und Empfang der ersten  

      hl. Kommunion

- Spendung der Taufe und Buße mit einer indikativen Formel (z. B.: „Ich          spreche dich los...“)

- Verwendung von ungesäuertem Brot (Hostien) für die Meßfeier

- Anbetung des eucharistischen Brotes außerhalb der Eucharistiefeier

- Lossprechung von Sünden vor Ableistung der Buße (sogenannte  

      Ohrenbeichte)

- häufige Verwendung von Weihepräfationen („In Wahrheit ist es  

      würdig ...“) als Weihegebet

- kultische Versammlungen (Andachten, usw.), ohne daß ein Priester den          Feiern vorsteht.

- Gottesurteile (Ordalien)

- Rosenkranz

- Kreuzwegandacht

- Einführung des Gregorianischen Kalenders (16. Jahrhundert)

- Ablaßwesen

- usw.

 

 

Die neue Lehre der Reformatoren (15. / 16. Jahrhundert) im Bezug auf kirchliche Ämter, Sakramente, Heiligenverehrung, Gebete für Verstorbene, usw. beeinflußte die Gestaltung ihres Kults: Sie haben den römischen Ritus übernommen, und die einzelnen Gottesdienste entsprechend ihren Vorstellungen umgestaltet oder gestrichen.

Die Wort- bzw. Predigtgottesdienste wurden zum zentralen Bestandteil der reformierten Gottesdienste.

 

 

Als Reaktion auf die Reformation wurde das Konzil von Trient (1545-1563) einberufen. Auf Grund der Beschlüsse dieses Konzils wurde das Stundenbuch (Brevier) und das Messbuch (Missale) überarbeitet herausgegeben. Dadurch wurde besonders die Meßfeier für Jahrhunderte normiert und fixiert.

Bestimmte Orden (z. B. Karthäuser, Dominikaner) und Bistümer (z. B. Lyon) konnten ihre – vom römischen Ritus etwas abweichenden Sonderformen – beibehalten.

 

 

 

GEGENWART:
 

Im Zeitalter der Aufklärung bzw. des Josephinismus kam es in Deutschland um 1800 zu ersten zarten Liturgiereformen nach dem Tridentinum. So veröffentlichte beispielsweise Ignaz Heinrich von Wessenberg 1831 ein Rituale in deutscher Sprache.

 

Am Ende des 19. Jahrhunderts entstand eine Liturgische Bewegung:

- Restaurierung des Gregorianischen Chorals (z. B. Solesmes)

- Übersetzung der Gottesdienstbücher (z. B. Schott-Meßbücher der  

      Erzabtei Beuron)

- Systemetische Erforschung der liturgischen Quellen

- Neues Liturgieverständnis (z. B. Romano Guardini)

- usw.

Einige Vorstellungen dieser Bewegung wurden in der Liturgiereform des Vat. II umgesetzt.

 

„Die Konstituion über die heilige Liturgie“ des Zweiten Vatikanischen Konzils vom 4. Dezember 1963 bildete den Ausgangspunkt der Liturgiereform.

Alle liturgischen Bücher wurden daraufhin dem Zeitgeist entsprechend (Rationalismus) gründlich überarbeitet. Die lateinischen Vorlagen wurden anschließend von den Bischofskonferenzen in die jeweiligen Landessprachen übersetzt, den örtlichen Traditionen angepaßt und schlußendlich von Rom konfirmiert (abgesegnet).

 

Die Liturgiereform des Vat. II brachte folgende Neuerungen hervor:

 

- Einführung der Volkssprache

- Schaffung neuer bzw. zusätzlicher Gebetstexte (z. B. zur Auswahl)

- Gelegentlicher Rückgriff auf altrömische Gebetstexte

- Mögliche Hinwendung des Priesters zum Volk während der Meßfeier  

      („Volksaltäre“)

- Die Schriftlesung sollte mehr hervorgehoben werden

- Neue Leseordnung (Meßfeier, Stundengebet)

- Neue Psalmenordnung (Stundengebet)

- Mögliche Schriftlesung bei allen Sakramenten und Sakramentalien

- Neuschöpfung einer eigenen Kindertaufe

- Häufige Wendung „...durch den Tod und die Auferstehung deines    

       Sohnes...“

- Entfernung vieler Begleit- und Stillgebete des Priesters

- Starke Reduzierung von Gesten (Verneigungen, Kreuzzeichen, usw.)

- Überarbeiteter Kirchenkalender

- Streichung der Weihen zum Ostarier, Exorzisten und Subdiakon

- Die Tonsur bei der Aufnahme in den Klerus wurde abgeschafft

- Die Aufnahme in den Klerikerstand erfolgt nun mit der Diakonweihe

- Wiedereinführung des Ständigen Diakonats

- Großzügige Deligierung von reservierten Aufgaben möglich (z. B.  

      Kommunionhelfer)

- Negative Begriffe und Formulierungen wurden weitgehend weggelassen

- usw.

 

Neben den römischen Liturgiebüchern wurde auch ein neues Kirchengesangbuch („Gotteslob“ 1975) und eine neue Bibelübersetzung („Einheitsübersetzung“ 1978) herausgegeben.

 

Seit der Jahrtausendwende wurde begonnen, die liturgischen Bücher erneut zu überarbeiten.